Was für ein Vertrauensfest!

Hui-Maschinen

Hui-Maschinen werden verteilt.

EPS-Stand

Der Kirchentagsstand der Perthes-Stiftung.

Tover-Tafel

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie an der Tover-Tafel.

Kirchentag

Auf dem Außengelände der Westfalenhallen.

Deutscher Evangelischer Kirchentag wurde in Dortmund voller Engagement und Frieden gefeiert

Die Bilanz ist beeindruckend: 121.000 Besucher, 2.399 Veranstaltungen, 223 Orte, 5000 freiwillige Helfer – der 37. Evangelische Kirchentag war ein internationales Groß-Treffen des Glaubens unter dem Motto „Was für ein Vertrauen! (2.Könige, 18,19)“. Viele Wortbeiträge waren mit Gästen aus Politik, Kirche und Gesellschaft hochkarätig besetzt, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundesaußenminister Heiko Maas sowie der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sowie der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek.

Die Evangelische Perthes-Stiftung war an prominenter Stelle in den Messehallen mit einem eigenen Stand vertreten. In unmittelbarer Nähe zur Bühne der Diakonie Deutschland und dem Café Pause Inklusiv gelegen, lockte er unzählige Besucherinnen und Besucher an. Hierzu trugen nicht nur die ansprechende kreative Gestaltung des Stands, die freundliche Standbesetzung und interessante Informationsmaterialien bei, sondern insbesondere die „Hui-Maschinen“, die als Give-away von den Werkstätten für Menschen mit Behinderung gefertigt worden waren. Die kleinen Physik-Spielzeuge ließen bei richtiger Kraftübertragung am Stab den Propeller am vorderen Ende wirbeln. Ein sportlicher Spaß für Groß und Klein! Ebenso viel Aufmerksamkeit verursachte die am Stand aufgebaute Tover Tafel, die die Standbesucher mit großem Interesse ausprobierten.

Viele EPS-Mitarbeitende kamen vorbei und die Vorstände Rüdiger Schuch und Wilfried Koopmann führten zahlreiche Gespräche am Stand. Rüdiger Schuch war zudem Veranstaltungsleiter einer großen Podiumsdiskussion zum Thema „Digitalisierung und Künstliche Intelligenz: Macht – Ohnmacht – Machen. Freiheit digitaler (Christen-)Menschen“. Prof. Dr. Sarah Spiekermann-Hoff (Institutsleiterin „Management Information Systems“ an der Wirtschaftsuniversität Wien, Marketingexpertin und Autorin) sowie Dr. Dr. h.c. Volker Jung (Kirchenpräsident Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, Mitglied des Rates der EKD) hielten Keynotes zum Thema. An der Podiumsdiskussion nahmen zudem Jule Lumma (Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP), Leitung Digitales VRM, Mainz), Alexander Sander (Free Software Foundation Europe, Berlin), Christian Sterzik (Projektkoordinator Kirche im Digitalen Wandel Ev. Kirche in Deutschland (EKD), Hannover), Lars Klingbeil (Mitglied des Bundestages und Generalsekretär der SPD, Berlin) und Hanno Terbuyken (Leiter Digitale Kommunikation im GEP, Frankfurt) teil. Moderiert wurde die Veranstaltung von Kerstin Heinemann (medienpädagogische Referentin, München). Musikalisch umrahmte der Reutlinger Gitarrist Jan Henning die Beiträge.

Café Pause inklusiv

Das Café Pause inklusiv fand nach Hamburg, Stuttgart, Berlin bereits zum vierten Mal beim Kirchentag statt. Veranstalter des kulinarischen Angebots waren fünf große diakonische Träger der Behindertenhilfe. Neben der Evangelischen Perthes-Stiftung ließen die Evangelische Stiftung Alsterdorf (Hamburg), die Diakonie Himmelsthür (Hildesheim), die Diakonische Stiftung Wittekindshof (Bad Oeynhausen) und die Johannes-Diakonie Mosbach (Baden) Inklusion und Teilhabe erlebbar werden. Über hundert Frauen und Männer mit und ohne Beeinträchtigungen servierten auf rund 250 Quadratmetern im Café oder waren Botschafter auf dem Gelände des Kirchentages unterwegs.

Im Café Pause Inklusiv fanden täglich inklusiv gestaltete Tagandachten statt. Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen lasen Texte, sangen Lieder mit Bewegungen und sprachen einander den Segen zu.

Großes Bühnenprogramm

Auf der Diakonie-Bühne fand ein facettenreiches Programm über den gesamten Kirchentag hinweg statt. Von Podiumsdiskussionen, wie mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, dem Präsidenten der Diakonie Deutschland Ulrich Lilie und Journalistin Anja Reschke (ARD Panorama) über Show-Acts mit professionellen Darstellern, beispielsweise aus dem Musical Martin Luther King bis hin zu vielen individuellen kulturellen Beiträgen der Aussteller reichte das pralle Angebot. Auch die Evangelische Perthes-Stiftung war mit drei Programmpunkten vertreten:

Der Werkstatt-Chor der Börde-Werkstätten präsentierte ein Programm aus modernen christlichen und weltlichen Liedern, darunter eine eigene Version von „Schrei nach Liebe“ (Die Ärzte). Der Chor setzt sich unter der Leitung von Julia Römer zusammen aus den Chören Klevinghaus-Werkstatt Soest, Betriebsteil Herzfeld, und der Wichern-Werkstatt Werl. Zurzeit werden insgesamt gut 50 Chormitglieder in den drei Betriebsteilen durch Ariane Falkenberg, Frau Heinrich, Julia Römer, Stefan Lampe und Christoph Buchholz gefördert und betreut. Die Proben finden wöchentlich in den einzelnen Häusern statt.

Anfang der 90er Jahre entstanden, zunächst in der Wichern- und Klevinghaus-Werkstatt, einfache Chöre als Fördermaßnahme (Begleitende Maßnahme). Etwa 1999 begann Stefan Lampe den Chor der Klevinghaus-Werkstatt in Soest mit einem Keyboard zu unterstützen. Als 2001 der neue Betriebsteil in der Gemeinde Herzfeld errichtet wurde, wechselte Stefan Lampe in diesen und auch dort entstand ein weiterer Chor. Diese Betriebsteile halten seit dieser Zeit gemeinsame Proben ab. Seit dem Diakonietag 2011 in Soest treten alle Chöre bei größeren öffentlichen Anlässen gemeinsam auf. Lange blieb der Chor namenlos, heute nennt sich die Gruppe „Liederfabrik“. Intern tritt der Chor bei Jubiläen, Weihnachtsfeiern und Gottesdiensten auf. Öffentliche Auftritte fanden auf dem Diakonietag in Soest, beim Stadtjubiläum in Werl und durch Einladungen auf Sängerfesten im Kreis Soest statt.

Für die Vorbereitung des Auftritts auf dem Kirchentag nutzte die Gruppe eine Chorfreizeit auf Schloss Oberwerries (Hamm). „Eine Woche haben wir uns intensiv mit den Liedern beschäftigt“, erzählte Julia Römer. „Alle waren mit Feuereifer dabei.“ Überhaupt stehe der Spaß an der Musik und die Freude am Singen im Vordergrund. „Es geht uns weniger um gesangliche Perfektion als vielmehr um ein gutes Miteinander, das Spüren der Lebensfreude und die Stärkung des Selbstbewusstseins“, ergänzte Christoph Buchholz und Stefan Lampe betonte „Hier auf dem Kirchentag ist es wichtig zu zeigen: Alle Menschen sind gleich. Im gemeinsamen Singen wird dieser wichtige inklusive Gedanke auf sehr schöne Weise spürbar.“ Die Begeisterung war den Sängerinnen und Sängern anzusehen und der Funke sprang ins Publikum über.

Eigene Lieder (nicht nur) aus der Radstation

Die große Liebe zur Musik war auch Ralf Niehaus anzumerken, der auf der Diakonie-Bühne „Lieder aus der Radstation“ präsentierte. Viele Beiträge waren von ihm selbst geschrieben, darunter das Lied über die Radstation, aber auch ein persönliches Lied, in dem er den Tod der Mutter verarbeitet hat sowie das Liebeslied „Ich bin der reichste Mann der Welt“. „Ein Tag ohne Musik ist kein guter Tag“, fasste Ralf Niehaus seine Gefühle zusammen. Obwohl er bereits 1980 die erste Gitarre bekam, spielte er viele Jahre nur im privaten Bereich. Seit 2008 arbeitet er in der Radstation in Hamm und hat seither über 50 Lieder über seinen Wirkungsort geschrieben. Mittlerweile hat Ralf Niehaus einen eigenen Youtube-Kanal mit über 1.500 Songs und ist auf Facebook vertreten.

Bei dem Auftritt auf dem Kirchentag bekam er spontane Unterstützung seines Freundes Sascha Danieli. Erst wenige Tage zuvor hatten die beiden die Idee, ein Lied gemeinsam zu spielen. Nach kurzer und unkomplizierter Absprache mit der Öffentlichkeitsarbeit, die für den Kirchentags-Auftritt verantwortlich war, wurde der Gedanke in die Tat umgesetzt. „Ich war sehr nervös, denn dies war mein allererster öffentlicher Auftritt“, erzählte Sascha Danieli später. Beide erfreuten das Publikum mit dem Johnny-Cash-Song „This Thing called Love“.

Die Inklusionsband „Easy“ schließlich nahm die Bühne mit viel Lebendigkeit ein. „Wir covern Popmusik, die Freude macht und zum Tanzen motiviert. Auch Lieder mit guten Botschaften und schönen Melodien zählen zu unserem Repertoire. Und wir schreiben und komponieren eigene Lieder“, erzählte die in Georgien geborene Sängerin Anna Reizbikh. Sie ist seit ihrer Geburt auf einen Rollstuhl angewiesen und lebt seit Jahren in Bochum. Heute arbeitet sie für die Musikschule Bochum. Gemeinsam mit Volker Bußmann am Keyboard und Hendrik Wilbuer an der Gitarre sorgte sie für gute Stimmung auf der Diakonie-Bühne.

Tanja Schreiber