Zum Gedenken an den 150. Todestag von Clemens Theodor Perthes

Nur wenn die Herberge als Wirtshaus vorzüglich gut ist, wird ihr der christliche Charakter nicht schaden.

Clemens Theodor Perthes

Clemens Theodor Perthes

Herberge zur Heimat

Zum Gedenken an den 150. Todestag von Clemens Theodor Perthes
*02.03.1809    †25.11.1867

Die Evangelische Perthes-Stiftung e. V. gehört zu den jüngeren Trägern diakonischer Arbeit in Deutschland. Ihre Ursprünge liegen in der auf Initiative von Clemens Theodor Perthes betriebenen Gründung der ersten „Gesellenherberge zur Heimath“ für Wanderarbeiter am 21. Mai 1854 in Bonn.

Wer war Clemens Theodor Perthes?1 Am 2. März 1809 wird er als sechstes von neun Kindern seiner Eltern Caroline Perthes (geb. Claudius, Tochter des Dichters Matthias Claudius) und Friedrich Christoph Perthes geboren. Die Mutter stirbt früh, da ist er sechs Jahre alt. Seine Kindheit und Jugend sind von häufigen Krankheiten geprägt. Der überzeugte Christ Perthes studiert in Bonn Rechtswissenschaften, promoviert und wird 1841 mit 33 Jahren ordentlicher Professor an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der späteren Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn. Er veröffentlicht Schriften zum preußischen Verwaltungsrecht, zum deutschen Staatsrecht und zur Rechtsgeschichte.

Als Bonner Stadtverordneter erhält Perthes von 1846 bis 1851 einen unmittelbaren Einblick in die sozialen Verhältnisse seiner Stadt; als aktives Mitglied der evangelischen Gemeinde setzt er sich auch praktisch mit den Nöten der Arbeitssuchenden auseinander. Dies mündet 1849 in der Gründung eines Lokalvereins für Innere Mission.2 Nicht zuletzt inspiriert von der berühmten Stegreifrede Johann Hinrich Wicherns auf dem ersten Evangelischen Kirchentag in Wittenberg am 22. September 1848, wohl zurecht als die Geburtsstunde der modernen Diakonie bezeichnet, reifte in ihm der Entschluss, im sozialdiakonischen Handeln seinem Glauben und seinen gesellschaftspolitischen Überzeugungen als konservativer Royalist Ausdruck verleihen zu müssen. Der Verein für Innere Mission in Bonn bietet damals Hilfe an für Arme und Kranke, für Strafgefangene und Entlassene, und eben seit dem 21. Mai 1854 in einer eigens eröffneten „Herberge zur Heimath“, eine Heimat auf Zeit, für Durchreisende und wandernde Handwerksgesellen.

In Rheinland und Westfalen entstehen in den Folgejahren über 50 Herbergen. 1914 sind es im Deutschen Reich 450 mit rund 18.000 Betten. Aus dem 1875 gegründeten Westdeutschen Herbergsverband entwickelte sich 1886 der Westfälische Herbergsverband, aus dem letztlich 1965 das Perthes-Werk e. V. hervorging, das seit 2016 den Namen Evangelische Perthes-Stiftung e. V. trägt. Im Laufe der Jahrzehnte dienten diese Einrichtungen zunehmend auch den Flüchtlingen der beiden Weltkriege sowie armen und obdachlosen Menschen als Unterkunft und Herberge. Nach und nach wurden einige Einrichtungen zu Altenheimen.

Heute begleitet die Evangelische Perthes-Stiftung e. V. mit ihren rechtlich verbundenen Unternehmen westfalenweit an 90 Standorten mit insgesamt über 4.550 Mitarbeitenden täglich rund 8.500 Menschen mit Unterstützungsbedarf. Sie ist als Träger der freien Wohlfahrtspflege Mitglied im Diakonischen Werk Rheinland-Westfalen-Lippe e. V. sowie im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung e. V. und erfüllt mit ihren Angeboten für Menschen im Alter, mit Behinderungen, in besonderen sozialen Schwierigkeiten sowie in ihrer letzten Lebensphase einen wichtigen sozialpolitischen Auftrag in christlich diakonischer Prägung.

Rüdiger Schuch, Vorstandsvorsitzender der Evangelischen Perthes-Stiftung e. V.: „Die Evangelische Perthes-Stiftung fühlt sich ihrem Namenspatron nach wie vor eng verbunden. Clemens Theodor Perthes hat mit seiner Hilfeidee und seinen wegweisenden diakonischen Einsichten nachhaltige und bleibende Wirkung erzielt. Auch in der heutigen Zeit mit ihren enormen sozialpolitischen Herausforderungen haben die diakonischen Grundprämissen eines Clemens Theodor Perthes nichts an Aktualität verloren: Sich der Not der Mitmenschen vorbehaltslos zu erbarmen und ihnen zu ihrem Recht zu verhelfen. Hilfe zu Selbsthilfe in toleranter, christlich-ökumenischer Weite, mit dem Anspruch, fachlich hochwertige Angebote der Begleitung, Pflege und Betreuung zu unterbreiten.“